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Breitbandgedanken

Internet der Dinge – Von der Individualisierung oder dem Ende der Solidarität.

Das Internet der Dinge meint, das Internet der Geräte, die ohne unser Zutun miteinander kommunizieren und Daten austauschen. Was früher eher Anlass für Albträume war, finden wir heute super und für die Zukunft gar entscheidend.

Handy unter Feuerwerk

Handy unter Feuerwerk

Ein paar Beispiele für das aktuelle Internet der Dinge:

  • Unser Handy kennt unseren Standort und meldet diesen in das Netz. Für ortsgebundenes Marketing (location based Marketing) ist das eine tolle Sache. Auch für das Erstellen von Echzeit-Staumeldungen ist das genial. Wo viele Leute in einer Linie stehen und sich nicht bewegen, da ist Stau auf der A7.
  • Die Smartwatch meldet Schritt und Tritt, Aktivitäten sowie Kalorien an das Gesundheitsportal. Wir können uns so messen und selber bespielen (Gamifikation), dass es eine Freude ist. Und Erkenntnisse gibt es daraus bestimmt auch.
  • Das Auto erkennt, wenn es getestet wird und wird dann umweltfreundlicher. Es meldet seine Fahrdaten an den Hersteller, der dann noch bessere Autos herstellen kann. Außerdem bietet es dem Fahrer Mehrwerte, wie frühzeitige Verschleißerkennung oder den Ruf eines Krankenwagen im Notfall.

Alles fancy und smart. Aber was kann damit noch passieren? Ich betone kann, nicht muss. Und ich möchte hier nicht einmal vom Datenschutz reden.

Wechseln Sie jetzt in den Gesundheitstarif KK – Smart. Mit ihrem Aktivitätsprofil sparen Sie bares Geld. Viel gesundes Leben für einen geringen Beitrag im Tarif KK-Smart. Die Apple-Watch gibt es bei Abschluss direkt mit dazu. Gesund bewegen, gesund und behütet in die Zukunft.

oder

Das neue „Track“ von der eKfz-Direktversicherung. Wir sehen gerne, dass Sie ein guter Autofahrer sind. Warum also zu viel Versicherung zahlen? Mit der Installation der Track-Box-App in Ihrem Auto beweisen Sie ihr Können und bekommen von uns die ermäßigte Versicherung „Track“. Sparen kann so einfach sein, tun sie es für sich!.

Ihr lacht nun und schüttelt den Kopf. Aber mal ehrlich: Ihr (und ich) werdet es tun. Weil es geil ist, weil es Spaß bringt und weil es Geld spart. Es ist ja auch cool zu der gemessenen (metered) Nerdschicht zu gehören. Die Argumente sind auch auf unserer Seite:

  • Gesund leben ist doch besser.
  • Sicher fahren sowieso.
  • Das muss natürlich nachweisbar sein
  • und auch belohnt werden.
  • So sparen eigentlich alle.
  • Wir machen das ja auch nur für uns, die Einzelperson fällt ja nicht auf.

Wir machen das für uns und weil die Versicherungen und Gerätehersteller uns Vorteile suggerieren, lassen wir die kleine Stimme im Hinterkopf, die weiter denkt, verstummen. Aber sie ist dort. Sie will etwas sagen und uns mahnen, doch…halt die Schnauze!

Eine Versicherung beruht darauf, dass sie eine große Menge Menschen absichert, die alle ein gemeinsames statistisches Risiko haben. So findet sich ein Extremsportler in dieser Menge wieder, genauso wie der Raucher, Trinker oder chronisch Kranke. In der Kfz-Versicherung finden wir den Sonntagsfahrer, den Crash-Pilot und auch den Berufsfahrer mit vielen Kilometern und kleinen Vorkommnissen. Wir haben einen großen Freiheitsraum, indem wir uns bewegen können. Wir müssen uns nicht rechtfertigen.

Wir alle bilden eine Gemeinschaft, die sich gegenseitig versichert. Die Versicherung ist dabei der Vermittler dieser Gemeinschaft. Hier stelle ich die Versicherung wohl etwas romantisch dar. Ich weiß natürlich, dass das alles Lügner und Betrüger sind. Was passiert, wenn eine Versicherung gewinnorientiert wird (uppps) und die Zeichen der Zeit erkennt? Hat sie ja schon. Sie trennt die Risikogruppen von den Nichtrisikogruppen, indem sie beiden unterschiedliche Angebote macht. So zahlen Frauen manchmal weniger Kfz- Versicherung als Männer. Das könnte man Lady-Tarif nennen, macht man auch.

Die Zukunft beinhaltet dann die 1 zu 1 Individual-Versicherung. Mein persönliches Risikoprofil ergibt meinen Versicherungsbeitrag. Für viele wäre das eine Vergünstigung, für andere aber eben nicht. Wollen wir das?

So eine Versicherung kann ja aber auch nur funktionieren, wenn sie unsere Verhaltensänderungen über die Zeit nachvollziehen kann. Nicht, dass man plötzlich mit dem Laufen aufhört und keiner merkt es. Und hört man mit dem Laufen auf, ist dann das Gesundheitsprofil schlechter und man zahlt mehr? Schön, dass uns der Fitness-Tracker heute schon diesen Stress abnimmt.

Achtung: In dieser neuen Welt werden wir auch unser Verhalten anpassen. Wenn wir abends mal einen kippen, dann merkt das Handy das ja vielleicht, oder das Auto? Ein oder zwei Mal im Monat ist ja OK, aber beim dritten Mal, da wundert sich die Versicherung schon.

Ich lasse das mal so stehen und frage, ob wir das wirklich so wollen oder die Solidargemeinschaft nicht doch schöner ist war?

Und mit Blick auf meine drei Kinder, bei Verzicht auf Solidargemeinschaften und voller Polemik wünsche ich mir: Rente nur noch für die Personen, die auch Rentenzahler (=Kinder) geschaffen haben. Das ist transparent, fair und irgendwie auch gerecht. 

2 Kommentare

  1. Vielleicht bin ich zuwenig Spielkind mit einem noch geringeren Anteil an der Geiz ist geil Mentalität. Denn beide von Dir angeführte Beispiele würde ich nicht nutzen. Weniger aus Solidaritätsgründen sondern mehr um mich zu schützen, denn bei fortschreiten des Datenaustausches liegt die nächste Konsequenz klar auf der Hand. Dem sportlichen Gesundheitswesen wird sein geringerer Krankenkassen Beitrag gestrichen, weil er immer etwas zu schnell oder Strecken fährt, die ein erhöhtes Unfallrisiko in sich bergen. Mit den von Dir beschriebenen Helferlein, die ohne Frage auch Vorteile haben (fragt sich nur immer für wen), schrängen wir unsere Freiheit ein. Und bei Benutzung auch die der anderen, denn zur Zeit ist die Teilnahme noch freiwillig. Der nächste Schritt bei zunehmenden Gebrauch wird die Pflicht sein. Wäre es deshalb nicht wahre Solidarität darauf zu verzichten?

  2. Das hat nichts mit dem Internet zu tun. Die Leute meinen heute, dass sie besser alleine durch die Welt kommen: Ohne die Kinder und die Krankheiten anderer Leute. Ohne Flüchtlinge. Ohne „die da oben“ und ohne „die da unten“.

    Weil keiner dem anderen mehr vertraut, wenn er ihn nicht sein 100 Jahren kennt. An die Stelle von Vertrauen ist die Transparenz getreten. So müssen wir uns selbst transparent machen.

    Die Wirtschaft bedient das und sie bedient sich bei unseren Daten. „Der Rohstoff der Zukunft“. Früher konnten wir nur unsere Lebenszeit, unsere Körperkraft und unsere Kreativität verkaufen. Heute können wir unser Innerstes – unsere Seele verkaufen. Dafür gibt es dann den Toaster zur neuen Versicherungspolice dazu.

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